TDDL 2012: Erster Tag ohne klaren Favoriten

So unterschiedlich die Erzählungen am ersten „Wettkampftag“ der 36. Tage der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt auch waren, die Jury setzte sich mit allen Beiträgen engagiert und lebhaft auseinander. Ein klarer Favorit war vorerst nicht in Sicht.

Den Anfang der Lesungen am Donnerstag machte der Finne Stefan Moster, gefolgt von Hugo Ramnek (A) und Mirjam Richner (CH). Am Nachmittag folgten Andreas Stichmann (D) und Sabine Hassinger (D). Bei Stichmann zeigte sich die Jury erstmals angetan. Heftige Debatten löste zum Abschluss des ersten Lesetages der experimentell angelegte Text „Die Taten und Laute des Tages“ von Sabine Hassinger aus.

Jury (Bild: Johannes Puch)Jury (Bild: Johannes Puch)

Kontroversen von Anfang an

Stefan Moster las aus dem Text "Der Hund von Saloniki". Die Jury zeigte sich in ihrem Urteil gespalten: Burkhard Spinnen, auf dessen Einladung der in Finnland lebende Autor eingeladen worden war, sprach von einem "unendlich traurigen Text", Daniela Strigl fand darin zwar "selten gehörte Wörter", aber auch zu wenig Realität vor und Corina Caduff forderte "schärfere Konstruktionskonturen" ein.

Stefan Moster (Bild: Johannes Puch)Stefan Moster (Bild: Johannes Puch)

Jury wollte nicht mit auf den Bleiburger Wiesenmarkt

Mit Hugo Ramnek ging am Donnerstagvormittag der erste (gebürtige) Kärntner ins Rennen. Er wollte die Jury zum Karussell-Fahren auf den Bleiburger Wiesenmarkt mitnehmen, diese wollte, wie es schien aber lieber zuhause bleiben. Außerdem bemängelt: zu viel Sex im Text. Trotz "schöner Stellen" wurde das Ziel des Textes nicht jedem in der Jury klar.

Hugo Ramnek (Bild: Johannes Puch)Hugo Ramnek (Bild: Johannes Puch)

Real oder doch surreal? Keine Einigkeit zu Richner

Mirjam Richner war die dritte im Bunde, die mit ihrem Text den ersten Lesevormittag bestritt. Die Schweizerin wurde von Jurorin Meike Feßmann nominiert, sie las "Bettlägerige Geheimnisse". Einigkeit über die Ausrichtung und Qualität des Textes gab es auch hier keine und ebenfalls nicht darüber, ob Richners Text nun eine surreale Geschichte ist oder doch einen realistischen Hintergrund besitzt. Wie es Daniela Strigl auszudrücken pflegte: "Man träumt nicht so säuberlich".

Mirjam Richner (Bild: Johannes Puch)Mirjam Richner (Bild: Johannes Puch)

Jury bei Stichmann zum ersten Mal recht angetan

Bei Andreas Stichmann zeigte sich die Jury zum ersten Mal an diesem Tag recht angetan von einem Text – bis auf Burkhard Spinnen, der die Euphorie am Ende etwas zu dämpfen verstand: Die zeitgenössische Besonderheit des Textes sei ihm, anders als den Kollegen, nicht so ganz klar geworden. Unklar blieb aber außerdem, "ob da einer lebt oder sich alles ausdenkt" (Hubert Winkels).

Andreas Stichmann (Foto: Johannes Puch)Andreas Stichmann (Foto: Johannes Puch)

Ist heute für Texte wie diesen noch Zeit?

Sabine Hassinger las als letzte Autorin des ersten Tages den Auszug aus dem experimentellen Text "Die Taten und Laute des Tages". Ein Text mit vorangestellter Gebrauchsanweisung bzw. Besetzungsliste, der in der Jury eine Diskussion auslöste, ob solcherlei Sprachexperimente angesichts des ökonomischen Drucks und des immer notwendiger werdenden „Zeitmanagments“ überhaupt noch "zeitgemäß" seien. Wie schon so oft beim Bachmannpreis spaltete sich die Jury in ein "pro-experimentell" östereichisches und ein pragmatisch-kritisches, „deutsches“ Lager.

Sabine Hassinger (Foto: Johannes Puch)Sabine Hassinger (Foto: Johannes Puch)

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